Wellers Wahre Worte
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April 2002

Unser Internet soll schöner werden

Präventive Maßnahmen gegen die Gewalt frustrierter User



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Ich ahnte es schon seit langem, nun sah ich mich bestätigt: Surfen macht aggressiv.
     Laut einer neuen, in Groß-Britannien durchgeführten Umfrage wird mehr als die Hälfte der Internet-Nutzer von heftigen Wutanfällen heimgesucht, jeder zehnte User sogar täglich. Ein Grund unter vielen: Seiten, die sich zu langsam aufbauen. Die Zeitschrift Chip schildert die Konsequenzen:

»Viele User wissen sich nur mit Gewalt zu helfen. Sieben Prozent der Befragten vergreifen sich an Maus oder Keyboard, vier Prozent am Schreibtisch und zwei Prozent sogar an der nächstbesten Person in ihrer Nähe

Wer jemals in einem Internet-Start-Up arbeitete, wird dieses düstere Szenario bestätigen können.
     Mit Schrecken erinnere ich mich, wie sich mein früherer Chef eines Abends in die Glasplatte seines Schreibtischs verbissen hatte, es war ihm gelungen, ein Stück herauszubrechen. Auch sein Gebiss nahm dauerhaften Schaden. Erst einen Tag später erfuhr ich den Grund seines Furor. Er hatte via Online-Banking vergeblich versucht, seine Brokat-Aktien zu verkaufen. Sie befanden sich nach einer unerwarteten Gewinnwarnung im freien Fall.
     An anderen Tagen wurde mit Keyboards Frisbee gespielt und auf Mäusen wurde herumgetrampelt, als seien es echte.
     Deprimierend sicherlich für alle diejenigen, die glaubten, dass nur Fernsehen und Video brutalisieren. Doch wie soll weiteren unkontrollierten Gewaltausbrüchen frustrierter User entgegengewirkt werden?

Breiter angelegte Feldstudien sollten zunächst Gewissheit über das tatsächliche Aggressionspotenzial des Internet liefern. Schließlich muss eine gründliche Ursachenforschung betrieben werden. Ist es allein ein nervenzehrender, schneckenlahmer Seitenaufbau, der das Prä-DSL Landei rasend macht? Welche Rolle spielen tote Links oder eine irreführende Navigation, wie oft stürzt der Browser bei komplexen Webanwendungen ab? Was schließlich ist mit grottenschlechtem Design und mit schwachsinnigem »Content«?
     Provider und Betreiber von Websites müssen jedenfalls ihre Verantwortung auch für den Frieden in diesem Land erkennen: Unser Internet soll schöner werden!
     Aufseiten der User darf andererseits die Klage über enervierende Internet-Seiten keine billige Rechtfertigung von Mord und Totschlag werden. Ein Amoklauf als Zeichen des Protestes wahrt sicher nicht mehr die Verhältnismäßigkeit der Mittel

 
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